Magische Evokation Die Praxis der magischen Evokation
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Die magische Evokation

Nimmt der Magier ein Buch zur Hand, das über Evokation schreibt, oder hat er in seiner Bibliothek etwa mehrere Bücher über dieses Thema, so wird er unter den einzelnen Anleitungen einen gewissen Zusammenhang finden, und alle zusammengenommen werden ihn unterweisen, wie er ein Wesen zitieren soll, welche Formeln hierfür in Frage kommen u. dgl. In keinem einzigen Buch wird der Magier jedoch die eigentlichen Vorbedingungen für eine erfolgreiche Evokation verzeichnet finden. Es ist deshalb nicht zu verwundern, daß fast alle Evokationsversuche bisher fehl gingen. Vom hermetischen Standpunkt aus kann man jede Kontaktherstellung mit einem Wesen jeglicher Sphäre als eine Art Evokation betrachten, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um spiritistische Methoden, um solche der Nekromantie oder um anderweitige Methoden handelt, die die Verbindung mit Wesen anstreben. Ob bei Anwendung der verschiedenen Methoden das gewünschte Wesen auch wirklich erscheint, ist fraglich, und nur der Versuchende könnte darüber wahrheitsgetreu berichten. Glückt zuweilen ein Versuch, der in dieser Hinsieht auf die in den Büchern angeführten Methoden appliziert wird, so muß es nicht direkt ein Evokationsversuch gewesen sein, sondern auch andere Praktiken waren mit im Spiel. So z. B. können Erfolge bei spiritistischen Anrufungen von Wesen durch etwas ganz anderes erreicht werden, auch wenn man behauptet, daß sie auf Grund der angegebenen Evokationsmethoden zustande gekommen seien. Im Spiritismus kann das Unterbewußtsein des Sprechmediums zum Erfolg – falls von diesem gesprochen werden kann – beitragen, ferner die unbewußte Bildung von Schemen, Elementalen und Elementaren, die sich der Operateur durch seine gesteigerte Aufregung bei der Evokation mittels seiner Einbildungskraft selbst zeugt. Effekte, die durch solche Operationen erzielt werden, sind dann natürlich nicht den Wesen zuzuschreiben, sondern der eigenen Individualität. Diese Tatsache wird aber wohl kaum jemand gern zugeben.

          Ich habe mich entschlossen, vom hermetischen Standpunkt aus alles genau zu beschreiben, was zu einer erfolgreichen Evokation, also einer tatsächlichen magischen Verbindung mit Wesen, ohne Unterschied der Sphäre, unumgänglich notwendig ist. Vor allem wisse der Magier, oder derjenige, der sich mit einer magischen Evokation beschäftigen will, daß ohne Ausbildung der astralen Sinne, besonders des Hellsehens und Hellhörens, an eine erfolgreiche Evokation nicht zu denken ist. Es wäre geradeso, wie wenn ein Blinder ohne verläßliche Führung einen unbekannten Weg gehen wollte. Das astrale Sehen und Hören ist die erste Voraussetzung, bewußt mit einem Wesen auf aktive magische Art und Weise in Verbindung zu kommen. Läßt der Magier diese Voraussetzung unbeachtet oder wagt sich jemand an eine Evokation heran, ohne die astralen Sinne entwickelt zu haben, so kann er mit Bestimmtheit annehmen, daß er, wie alle übrigen Operateure, eine Enttäuschung erleben und erfolglos arbeiten wird. Gleichzeitig setzt er sich der Gefahr aus, falls es ihm gelingen sollte, im gehobenen Zustand irgendeinen Teilerfolg, ganz gleich welcher Art, zu erzielen, er zum Nekromanten oder Zauberer herabsinkt, ohne Rücksicht darauf, ob die Absichten und der verfolgte Zweck auf guten Motiven beruhten.

          Weil der Magier bei der Operation seine astralen Sinne unbedingt in Anspruch nehmen muß, hat er dadurch die Möglichkeit, alle Vorgänge genau zu kontrollieren, und läuft niemals Gefahr, irgendwie getäuscht zu werden oder erfolglos zu arbeiten. Ein Magier, dessen astrale Sinne entwickelt sind, weiß sofort, ob es sich um ein durch seine Imagination gebildetes Wesen handelt oder ob ihm ein Wesen der gewünschten Sphäre erschienen ist. Eine vom magischen Standpunkt aus betrachtete Evokation ist demnach eine bewußte Kontaktherstellung mit einem gewünschten Wesen, und zwar durch den passiven Verkehr – wie ihn der Magier schon in meinem ersten Werk „Der Weg zum wahren Adepten“ im Kapitel über die bewußte passive Anknüpfung gelernt hatte –, jedoch nicht durch den Magier als Medium, sondern außerhalb seines Körpers.

          Ein Wesen oder eine Kraft aus einer beliebigen Sphäre, die außerhalb des Körpers eines Magiers evoziert wird, kann entweder in das magische Dreieck oder in den magischen Spiegel oder auf einen Stoff, der mit einem fluidischen Kondensator imprägniert worden ist, herbeigerufen und auf Wunsch des Magiers verdichtet werden. Im Anfang wird der Magier die magischen Hilfsmittel nicht entbehren können. Später jedoch, sobald er Erfahrungen gesammelt hat und eine bestimmte Sphäre evokationsmäßig vollkommen beherrscht, d. h. die Wesen der Sphäre völlig unter seiner Macht stehen, ihm Treue und Gehorsam zollen, wodurch sie seine magische Autorität anerkennen, kann er die magischen Hilfsmittel entbehren. Ein erfahrener Magier ist dann ohne weiteres in der Lage, jedes Wesen der beherrschten Sphäre herbeizurufen und mit ihm zu arbeiten, ohne irgendein magisches Hilfsmittel zu benützen. Er kann dann ein Wesen auch ohne Kreis und Dreieck zu jeder Zeit und an jedem Ort, wie und wann er es wünscht, rufen, ohne sich erst speziell dafür vorzubereiten. Ein Anfänger dagegen muß mit magischen Hilfsmitteln unbedingt arbeiten, denn sie sind ihm Bewußtseinsstützen, die für eine erfolgreiche Evokation notwendig sind. Beherrscht der Magier eine Sphäre auch ohne Zuhilfenahme irgendwelcher magischer Utensilien, geht er zu der nächsthöheren Sphäre über und bedient sich bis zur vollkommenen Beherrschung derselben wiederum seiner magischen Hilfsmittel.

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          Drei Grundsätze muß der Magier stets im Auge behalten, wenn er eine erfolgreiche Evokation durchführen will, und zwar:

          1. Beabsichtigt er, ein Wesen aus einer anderen Sphäre in seine Sphäre, ganz gleich ob in das Dreieck, in den Spiegel oder auf einen fluidischen Kondensator zu rufen, muß er wissen, daß sich das Wesen nur in der ihm zusagenden Sphärenatmosphäre bewegen kann. Er muß demnach die sphärische Atmosphäre künstlich bilden, indem er das Licht, also den Sphärenstoff, durch Imagination entweder in das Dreieck oder besser noch in den ganzen Raum, in dem er arbeitet, staut. Wird mit einem magischen Spiegel gearbeitet, so muß die Ladung des Spiegels mit dem entsprechenden Sphären-Lichtstoff imprägniert, respektive gestaut werden. Beim Arbeiten im Freien muß die Imprägnierung räumlich so abgegrenzt werden, daß sich die Wesen oder die Kräfte, die sich daselbst manifestieren sollen, auch bewegen können. Die Lichtstauung oder die Lichtimprägnierung ist so zu verfärben, wie es die Farbengesetze der einzelnen Planeten erfordern. Über die Imprägnierung oder Lichtstauung im Raum habe ich ebenfalls im ersten Buch, „Der Weg zum wahren Adepten“, im Kapitel betreffend die Raumimprägnierung den Leser und Schüler eingehend informiert. Evoziert man z. B. ein Wesen der Mondsphäre außerhalb sich, dann muß man das Licht, besser gesagt den zu stauenden Stoff, in Silberweiß imaginieren. Bei einem Merkurwesen muß der Lichtstoff eine opalisierende Farbe haben. Bei Venuswesen muß er grün sein, bei Sonnenwesen goldgelb, Marswesen rot, Jupiterwesen blau, Saturnwesen violett usw.

          Zitiert der Magier z. B. ein Erdwesen, so muß er das Erdelement mit Hilfe seiner Imagination in das magische Dreieck oder in den magischen Spiegel hineinbringen. Will er ein Wesen aus der Mondsphäre herbeirufen, dann muß er die Vibration der Mondsphäre bilden. Kein Wesen kann sich in einer ihm nicht zusagenden Sphäre aufhalten. Wird bei Zitationen dieser Grundsatz nicht berücksichtigt, so kann das Wesen zwar gezwungen werden, in unsere grobstoffliche Welt zu kommen, aber es muß sich dann die erforderliche Sphärenvibration selbst schaffen. In einem solchen Fall verliert der Magier die Macht über das Wesen, und auch seine Autorität leidet darunter, da das Wesen den Magier nicht als vollkommen betrachtet und ihm auch nicht den gebührenden Respekt entgegenbringt, abgesehen davon, daß es ihm den Gehorsam verweigert. Die genaue Befolgung und Einhaltung dieses Grundsatzes ist für die Evokation das wichtigste und darf von keinem wahren Magier außer acht gelassen werden.

          2. Muß der Magier bei der Evokation in der Lage sein, sich mit seinem Bewußtsein in die Sphäre des zitierten Wesens zu versetzen, um von ihm wahrgenommen zu werden. Die Versetzung geschieht durch das Akashaprinzip, wobei der Magier den Trancezustand einleitet, in dem er keine Zeit und keinen Raum kennt, und in diesem Zustand mit seinem Willen, mit seiner Autorität usw., das betreffende Wesen herbeiruft. Ohne diese Fähigkeit ist es einem Magier nicht möglich, das Erscheinen des Wesens zu erzielen.

          3. Muß der Magier mit seiner magischen Autorität dem Wesen Ehrfurcht und somit Gehorsam einflößen, da ihn sonst die Wesen, ob positiv oder negativ, nicht respektieren würden. Die magische Autorität respektive den Einfluß übt der Magier auf das Wesen nicht etwa durch seine Persönlichkeit aus, sondern dadurch, daß er sich mit einer dem Wesen übergeordneten Intelligenz influenziert, d. h. verbindet, oder direkt als Gottheit in einem dem Wesen maßgebenden Aspekt auftritt. Es ist dann nicht der Magier, der den erforderlichen Einfluß auf das gerufene Wesen geltend macht, sondern die Autorität des übergeordneten Wesens oder der höchsten Intelligenz, nämlich der evozierenden Gottheit. Der Magier wird bei einer Evokation zunächst die Influenzierung oder Verbindung mit der übergeordneten Intelligenz vornehmen und nur in hartnäckigen Fämlen, in denen sich ihm das betreffende Wesen irgendwie entgegensetzen sollte, die Form der höchsten Qualität für seine Behauptung als Autorität annehmen und zur Geltung bringen. Wollte der Magier mit seiner eigenen Person das evozierte Wesen beeinflussen, ohne sich vorher mit einer dem evozierten Wesen übergestellten Intelligenz, Gottheit usw. zu influenzieren, so könnte das Wesen dem Magier den Gehorsam verweigern oder aber, was noch schlimmer wäre, ihn auf die erdenklichste Art täuschen. Befiehlt dem Wesen aber nicht der Magier, sondern die übergeordnete Intelligenz oder sogar eine noch höhere Form – Gott in irgendeinem Aspekt – dann muß das Wesen dem Befehl unbedingt Folge leisten. Die Influenzierung mit einer Intelligenz oder mit einem göttlichen Aspekt hat der Magier schon in meinem ersten Buch „Der Weg zum wahren Adepten“ gelernt, wo ich über die individuelle Gottverbundenheit ausführlich schrieb.

          Wie man aus dem hier Gesagten ersieht, sind diese drei Hauptpunkte bisher in keinen Anleitungen enthalten, weil es ausnahmslos einem jeden Schriftsteller an eigenen Erfahrungen in der Beschwörungsmagie fehlte und er daher trachtete, seine Lehrmethoden aus anderen ebenso unzulänglichen Bücherquellen zu schöpfen. Ohne die angeführten drei Grundbedingungen ist keine erfolgreiche Evokation möglich!

          Bevor der Magier mit der Evokation von Wesen beginnt, muß er seinen ganzen Arbeitsvorgang im Buch der Formeln genau vermerkt haben und ihn womöglich auswendig kennen, damit er beim Arbeiten durch ein eventuelles Nachblättern nicht aufgehalten wird. Etwaige Schwierigkeiten werden nur zum Beginn der Praxis auftreten, mit der Zeit und durch oftmaliges Evozieren von Wesen gewinnt der Magier immer mehr an Sicherheit. Er erkennt außerdem, daß eine Evokation nicht nur das Rufen eines Wesens ist, sondern ein regelrechtes Ritual, zusammengesetzt aus einer ganzen Reihe von magischen Arbeiten. In diesem Ritual darf der Magier keine Lücke entstehen lassen, denn jede Lücke würde störend nicht nur auf den Magier selbst, sondern auch auf das gerufene Wesen einwirken. Eine lückenfreie Arbeit ist das, was die Grimoarien den „vollkommenen Kreis“ nennen, worunter nicht jener Kreis zu verstehen ist, den der Magier zu seinem Schutz und zur Versinnbildlichung des Mikro- und Makrokosmos, also der Gottverbundenheit, zieht, sondern die ganze zusammenhängende magische Operation. Auch der Zweck der Evokation muß noch vor ihrem Beginn schriftlich festgelegt werden, da während der Evokation keine nachträglichen Fragen aufkommen dürfen.

          Wie aus dem ganzen Vorgang der Vorbereitungen zu ersehen ist, nimmt eine sorgfältig vorbereitete und präzis durchgeführte magische Evokation sehr viel Zeit in Anspruch. Hat der Magier durch öfteren Verkehr mit ein und demselben Wesen einen guten Kontakt hergestellt, so daß ihm das Wesen absoluten Gehorsam leistet, seine magische Autorität somit vollkommen anerkennt, kann der Magier, um Zeit zu sparen, eine andere Vereinbarung zur abermaligen Kontaktherstellung mit dem Wesen treffen, indem er entweder ein abgekürztes individuelles Ritual, Wort u. dgl. für die Rufung des Wesens selbst bestimmt und sich dieses von dem Wesen billigen läßt, oder er kann das Wesen veranlassen, ein verkürztes Verfahren zu wählen, auf das es sich nebst den ihm unterstellten Dienern jederzeit zu reagieren verpflichtet. Auch dieses verkürzte Verfahren ist in das Buch der Formeln gewissenhaft einzutragen, damit beim praktischen Gebrauch keinerlei Fehler unterlaufen, namentlich dann nicht, wenn der Magier mehrere Kontakte mit Wesen hergestellt haben sollte. Wird das vereinfachte Verfahren von einem Wesen gegeben, das gleichzeitig wünscht, daß es vom Magier nicht schriftlich festgelegt wird, sondern von ihm nur zu merken ist, so muß der Magier diesen Wunsch respektieren. Auch dann, wenn sich der Magier das verkürzte Verfahren vornotieren kann, so dürfen seine Vornotierungen, das ganze Buch der Formeln überhaupt, nicht in andere Hände geraten, selbst dann nicht, wenn es die Hände eines wahren Magiers sein sollten. Eine Ausnahme könnte nur gemacht werden, wenn das Wesen, das der Urheber des vereinfachten Verfahrens ist, mit einem Weitergeben desselben an eine zweite Person einverstanden wäre oder dies sogar befürworten würde. Ansonsten soll es der Magier niemals wagen, ein Verbot zu umgehen oder gar zu brechen, will er nicht, daß seine Autorität stark ins Schwanken gerät. Was dies für einen Magier bedeuten würde, braucht nicht erst näher erörtert zu werden.

          Ein Wesen erscheint im Anfang dem Magier auf dieselbe Art, wie es sich in der zuständigen Zone zu bewegen gewohnt ist. Sagt die Erscheinungsform dem Magier nicht zu, so kann er auf Grund seiner magischen Autorität das Wesen veranlassen, eioe Form anzunehmen, die er selbst wünscht. Hierin sind keine Grenzen gesetzt, und es bleibt Sache des Magiers, was für eine Form er das gerufene Wesen mit Hilfe seiner Vorstellung annehmen läßt. Auch das Geschlecht spielt hierbei keine Rolle. Der Magier wird jedoch gut tun, nicht darauf zu bestehen, daß z. B. ein Wesen, das in der zuständigen Sphäre etwa weiblichen Geschlechts ist, beim Erscheinen eine männliche Gestalt annimmt, obwohl das Wesen, wenn der Magier darauf bestehen wollte, auch hierin gefällig sein müßte. Es empfiehlt sich daher, bei anfänglichen Operationen dem Wesen diejenige Form zu lassen, die es in der eigenen Zone hat und in der es dem Magier erscheint.

          Mit einem Wesen verständigt sich der Magier in seiner eigenen geläufigen Sprache. Da er sich ohnehin in einem gehobenen Zustand, dem Trancezustand, befindet, verwandelt sich seine Sprache automatisch in die geistige, die sogenannte Bildersprache, und wird vom Wesen vernommen. Auch das Wesen, das normalerweise spricht, wird in der gerufenen geistigen Sprache sprechen, die sich automatisch in jene Sprache verwandelt, die dem Magier geläufig ist. Infolgedessen wird zum Beginn der Magier das Gefühl haben, als wenn die Antworten des Wesens aus seinem – des Magiers – Innern kämen, so ähnlich, wie die innere Stimme vernommen wird. Mit der Zeit gewöhnt sich jedoch der Magier an diesen Zustand, und er wird das Wesen auch außerialb seiner selbst vernehmen, und durch oftmaliges Arbeiten in dieser Hinsicht wird es ihm schließlich genau so vorkommen, wie wenn er mit einem seiner Mitmenschen sprechen würde.

          Die in den Grimoarien erwähnten unerwünschten Begleiterscheinungen, wie z. B. Rumoren der Wesen, Krachen, Donnerschläge, Blitzezucken und andere ähnliche Störungen, die bei Evokationen angeblich auftreten, sind dem wahren Magier völlig unbekannt und können nur einem Nekromanten oder Zaucerer begegnen, der keine magische Schulung durchgemacht hat, oder sie ereignen sich dort, wo die nötigen Vorbedingungen unbeachtet blieben oder wo die Vorbereitungen für eine regelrechte Evokation viel zu wünschen übrig ließen. Ein wahrer Magier wird weder bei Wesen, noch bei hohen Intelligenzen unerwünschte Begleiterscheinungen erleben, und seine Evokationen werden ebenso glatt verlaufen, wie wenn er andere materielle, astrale oder geistige Handlungen vollbringen würde. Am Anfang wird der Magier gut tun, wenn er nicht viele, dafür aber konkrete Fragen an das Wesen richtet und die Fragen so stellt, daß diese sich auf die Ebene des Wesens beziehen. Keinesfalls dürfen es Fragen sein, die der Würde des Wesens widersprechen sollten. Später kann man das Wesen, die Intelligenz, den Vorsteher oder seine Untergeordneten, die etwa dem Magier zur Verfügung gestellt werden, veranlassen, auch aktiv wirksam zu sein, braucht nicht nur Wissen allein von diesen zu verlangen. Die Wesen dienen einem wahren Magier gern und helfen ihm selbstlos so viel, als nur in ihrer Macht steht. Ein Magier wird gewiß niemals so töricht sein und verlangen, daß ihm die Wesen Schätze bringen oder schwere materielle Arbeiten verrichten, da die Wirkungen ihrer Machtäußerung auf unserer grobstofflichen Welt von dem Kraftstoff, also Verdichtungsstoff, abhängig sind, den ihnen der Magier zur Verfügung stellen muß.

          Zuerst werden die Wesen nur Mentalarbeiten vollbringen können. Später, wenn der Magier genügend Praxis besitzt, werden sie für ihn auch astralische und mit der Zeit sogar grobmaterielle Arbeiten verrichten. Es empfiehlt sich jedoch, Wesen mit materiellen Verrichtungen nicht zu belasten, da die Wesen solche Aufgaben genau so lösen müssen wie der Magier mit seinen erworbenen magischen Praktiken. Die Wesen nehmen dieselben Kräfte in Anspruch, deren sich ein Magier bei seinen persönlichen Arbeiten bedient, d. h. daß sie bei materiellen Arbeiten Elementefluide benötigen – das elektrische oder magnetische Fluid – und auch das Akashaprinzip berücksichtigen, so wie der Magier selbst. Den Stoff und die Kraft ziehen die Wesen zumeist aus der Atmosphäre des Magiers. Deshalb merke der Magier wohl, daß jede Evokation immer auf seine eigenen Kosten geht! Aus diesem Grund wird der Magier gewiß keine Evokation vornehmen, um vielleicht die Neugier anderer zu befriedigen und wird, wie schon gesagt, vor allem Hilfeleistungen für andere Menschen im Sinne haben oder an eine Evokation herangehen, um seine Macht über Wesen und Elemente zu vergrößern und eigene Erfahrungen zu sammeln.

          Für das Rufen eines Wesens werden keine Zauberformeln und ähnlicher Unsinn angewendet. Da sich der Magier während der ganzen Evokation in einem gottverbundenen, also erhobenen Zustand befindet, versetzt er sich mit seinem Bewußtsein in die Sphäre des gewählten Wesens und ruft es mit dem Namen, es soll in seine Nähe kommen, ihm also erscheinen. Das Wesen vernimmt den Magier, reagiert augenblicklich auf sein Rufen und kommt gerne in seine Nähe. Ein wahrer Magier wird es fast niemals notwendig haben, Drohungen u. dgl. auszusprechen, um das Wesen seinem Willen gefügig zu machen. Dies kommt nur bei hartnäckigen Dämonen in Frage, bei denen der Magier die Macht seiner Gottverbundenheit zum Ausdruck bringt. Einer wahren Gottverbundenheit gegenüber wird es kaum ein Wesen, welchen Ranges immer es auch sein mag, wagen, sich der Göttlichkeit entgegenzustellen, da ja die Göttlichkeit diejenige Macht ist, die das Wesen erschaffen hat und infolgedessen respektiert werden muß.

          Da für einen Magier das Motto gilt, daß die Sterne zwar beeinflussen, aber nicht zwingen, so bleibt es ihm anheimgestellt, die Zeit der Anrufung nach astrologischen Richtlinien zu wählen, vorausgesetzt, daß er wenigstens in den Grundrisseo der Astrologie bewandert ist und demnach auch die für die Wesen maßgebenden günstigen planetarischen und sphärischen Zeiten festzustellen vermag.

          Alle in den Grimoarien beschriebenen Arten von Zitationen sind nicht für einen Magier, sondern nur für einen Zauberer bestimmt. Für einen wahren Magier sind daher die in den Grimoarien angegebenen Anleitungen wertlos, und er legt sie auch als solche beiseite. Ein Magier weiß den wahren Weg der Einweihung, er weiß genau, wie eine Evokation richtig durchzuführen ist und ist demnach von seiner erfolgreichen Arbeit im voraus überzeugt.

          Nach Beendigung der magischen Evokation ist es Aufgabe des Magiers, das Wesen in seine Ebene zurückzuschicken, besser gesagt, es abzudanken. Er begleitet es mit seinem Bewußtsein und empfindet dabei die innere Genugtuung und Sicherheit, daß sich das gerufene Wesen wieder in jene Sphäre zurückfindet, aus der es gerufen wurde und auch gekommen ist. Alle in Anspruch genommenen Geräte bringt der Magier an ihren Aufbewahrungsort und alle gestauten Kräfte löst er mittels seines Willens und seiner Imagination wieder auf. Hiermit ist die Evokation als beendet zu betrachten.

Quelle > Franz Bardon „Die Praxis der magischen Evokation“